Stellungnahme der AG Wurmtal e.V. zur Planung des Radschnellweges (RS4), versendet an den Landesbetrieb Straßenbau NRW Außenstelle Würselen, 11.01.2024

Im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung - Linienfindungsverfahren - für den Radschnellweg (RS4), nimmt die AG Wurmtal e.V. aus Sicht des Landschaftsschutzes, aus ökologischer Sicht sowie zum Naturschutz und Artenschutz wie folgt Stellung. 
 
Die Stellungnahme bezieht sich ausschließlich auf den Abschnitt III des Radschnellweges (inkl. der Vorzugsvarianten III.B.1 und III.B.2 sowie den Varianten III.B.3 und III.C.2) in Herzogenrath. Dies betrifft die Linienführung des RS4 im Wurmtal in Herzogenrath, parallel zur Bahnlinie Aachen-Mönchengladbach ab Forensberger Straße/ Pesch/ Kohlberg/ Maubach bis Herzogenrath-Eisenbahnstraße.  
 
Das Wurmtal ist ein Kerbtal und erstreckt sich von Aachen in Richtung Norden bis Herzogenrath. Es ist überdies der einzige größere zusammenhängende Naturraum zwischen den Städten Herzogenrath und Würselen in der ansonsten dicht besiedelten Bördelandschaft.  
 
Der Naturraum Wurmtal weist eine Vielzahl an ökologischen und geologischen Besonderheiten sowie wertvolle Kleinstrukturen auf, die für die dort vorkommenden, teils seltenen Pflanzen und Tiere wichtiger Rückzugs- und Lebensraum sind. Aus diesem Grunde wurde das Wurmtal 1989 in weiten Teilen als Naturschutzgebiet (kleinere Bereiche stehen unter Landschaftsschutz) und 1998 als EU-Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiet ausgewiesen. Das Wurmtal ist insofern von landesweiter Bedeutung.  
Das hindert jedoch keineswegs Behörden oder private Planer verschiedenste Maßnahmen, Bebauungsplanungen oder weitere Versiegelungen in den eigentlich streng geschützten Naturraum hinein vorzunehmen. Dabei gibt es eigentlich nichts mehr zu verplanen, ohne dass das Wurmtal und seine Natur gefährdet würde. Die Bebauung reicht bereits bis an den oberen Rand des Tales heran. 

1) Aus diesem Grunde wird die Linienführung des Abschnitts III des RS4 von uns insgesamt abgelehnt. Der Gesamtumfang der geplanten Maßnahmen, der vorgesehene 
Bau und die mit der Maßnahme einhergehenden Beeinträchtigungen (nicht nur vorübergehender Art!) sind für die Natur und Landschaft sehr schädlich. Dies betrifft auch 
die Belastungen, die durch die zukünftigen Betriebszustände/Nutzungen, Maßnahmen zur Verkehrssicherung des RS4, erforderliche Beleuchtung usw. zu erwarten sind und die zu einer permanenten Gefährdung und Beeinträchtigung des Naturraumes Wurmtal und der dort lebenden Tieren und Pflanzen führen werden. 

In den Planungen wird leider fälschlicherweise immer wieder darauf verwiesen, dass das ausgewiesene Naturschutzgebiet und der FFH-Wurmtalbereich nicht betroffen ist und „nur Landschaftsschutzgebietsbereiche“ berührt seien. Hierbei wird völlig ignoriert, dass der westlich der Bundes-Bahnlinie bis zur vorhandenen Bebauung befindliche Teil des Wurmtals eine zumindest gleichwertige ökologische Wertigkeit hat, wie die bereits als NSG- und FFH- Gebiet ausgewiesenen Bereiche. 
  
Weiterhin sind die derzeit „nur“ als Landschaftsschutzgebiete (LSG) ausgewiesen Bereiche wichtige, natürliche Puffer- und Übergangsbereiche zwischen dem Kernbereich des 
Naturschutzgebiets und den bebauten Bereichen, die es dringend zu erhalten gilt. Der geplante RS4 Abschnitt III befindet sich zudem in dem schmalsten Talabschnitt des 
gesamten Wurmtals, das dort nur wenige hundert Meter breit ist. Hier wirken sich jegliche Aktivitäten ungleich störender aus, als im übrigen Wurmtal. 
Das allein ist schon ein Ablehnungsgrund gegen die hier vorgesehene Linienführung. 

 
2) Der gesamte Wurmtalbereich westlich der Bahnlinie ist bereits aus den oben geschilderten Gründen erhaltenswert. Darüber hinaus gibt es dort zusätzlich lokale Besonderheiten von sehr hohem naturschutzfachlichen Wert. Sämtliche Gehölze, hier Stieleichen, Hainbuchen aber auch Feldahorn, Weißdorn, Haselsträucher und andere niedere Gehölze, die entlang des Bahnkörpers und an seinem Böschungsfuß verlaufen, bilden einen dichten Naturkorridor, der teilweise ein hohes Alter von über 170 Jahren aufweist (Mindestalter seit Errichtung der Bahnlinie 1853!). 
 
Im Bereich von Kohlberg und Maubach gibt es etwas ausgedehntere Waldbereiche, überwiegend mit Stieleichen, Hainbuchen und Rotbuchen, die bis an die Gärten der vor-
handenen Bebauung (und teils bis fast an die Voccartstr.) heranreichen. Diese Waldbereiche, die große Totholz- und Altholzanteile aufweisen, entsprechen dem „Sternmieren-Stieleichen-Hainbuchenwald“ und damit der potentiellen natürlichen Vegetation des Wurmtals. Sie sind im derzeitigen Zustand ein Refugium für alle Höhlenbrüter, deren Attraktivität durch ihre abgeschiedene Lage noch erhöht wird. Die dortigen Bereiche sind bislang nicht oder nur wenig zugänglich und werden alle durch die RS4-Trasse erschlossen. Durch die Maßnahme des Radschnellweges sind diese Bereiche in ihrer Existenz akut bedroht! 
 
Auch als wichtige Wanderkorridore für wildlebende Tiere werden diese Areale durch die Herstellung des Radschnellweges unterbrochen. Dies führt zu einer weiteren                 
Beeinträchtigung und Gefährdung bedrohter Arten.  Auch die teilweise massiven Bodenarbeiten, die für den Bau des Radschnellweges in diversen Abschnitten der Trasse erforderlich werden, haben erhebliche negative Auswirkungen auf die Umgebungslandschaft. 

 3) Durch die geplante Linienführung des RS4 werden umfangreiche Rodungsmaßnahmen und Abholzungen erfolgen müssen. Dies sind allesamt schwere Eingriffe in die dort vorhandenen teilweise mehrhundertjährigen alten Wald- und Baumbestände. Das ist schon deshalb abzulehnen, da es durch die Gehölzbeseitigungen zu einem Öffnen 
des Kronenschlusses in den Waldbereichen kommt, der in den teils steilen Hanglagen dann zu einer „Instabilität“ der Althölzer und des gesamten Waldbestandes führen wird.  
Dies wären auch zu beachtende Folgenwirkungen (zukünftige Verkehrsgefährdungen) für den Radschnellweg. 

 4) Den Umweltbehörden liegen bereits umfangreiche Erfassungen und Kartierungen über vorkommende, bedrohte Tierarten im Bereich der Radschnellwegtrasse vor (u.a. 
Kartierungen des BUND zu Amphibien- und Reptilienvorkommen). Ebenfalls liegen umfangreiche Datensammlungen zum dortigen Vorkommen mehrerer streng geschützter Arten von Fledermäusen vor (siehe Fledermauskartierungen zum FFH-MAKO Wurmtal der Biol. Station der StädteRegion Aachen aus 2022). 
Weiterhin gibt es Nachweise über Vorkommen von besonders gefährdeten Vögeln, wie Kleinspecht, Mittelspecht, Grünspecht, dem Steinkauz, aber auch zu Insekten, wie 
Hirschkäfer, Ameisenlöwe usw. Das alles zeigt auf, welch hohes ökologisches Potential hier vorliegt und welch hohe Bedeutung der vom Radschnellweg betroffene Planungsbereich westlich der Bahnlinie für die Natur, die Fauna und Flora des gesamten Wurmtals besitzt. 

 5) Auch der Verlauf des Radschnellweges „Variante III B.3“, der den Bereich der Streuobstwiesen am Hundforter Benden vor Herzogenrath durchquert/ kreuzt, ist abzulehnen, da 
hierdurch sehr wertvolle ökologische Bereiche zerstört werden und auch hier die Erschließung und der Eingriff zu irreparablen Schäden an der dortigen Natur und Landschaft führt. 

6) Die Variante III C.2 des Radschnellweges verläuft zum Teil durch einen als Naturschutzgebiet festgelegten Bereich des Wurmtals. Hier führt die Trassenführung zu einer 
Versiegelung und Aufhebung/ Entwertung des Naturschutzgebietes, was keinesfalls hinnehmbar ist. 

 7) Weitere erhebliche Eingriffe und Beeinträchtigungen für das Wurmtal sind noch durch die begleitenden Maßnahmen beim zukünftigen Betrieb des Radschnellweges zu erwarten. Dies betrifft z.B. die Beleuchtungsmaßnahmen (Lichtsmog) entlang des Radschnellweges, eine bislang in diesem Naturbereich nicht vorhandene Emission mit bekannten negativen Folgen für die nachtaktive Fauna und Flora. Auch die Flächenversiegelungen, die mit dem Bau des Radschnellweges (Asphaltierung) einhergehen, führen zu weiteren, bisher nicht vorhandenen Emissionen, z.B. „Abwassererzeugung“ quantitativer und qualitativer Art. 
Angesichts der Gesamtfläche der Neuversiegelung, die für den Radschnellweg zwischen Forensberg bis zur Schütz-von Rodestraße mit mindestens 15.000 m² anzusetzen ist, ist 
dieser Sachverhalt auch für den Hochwasserschutz an der Wurm nicht belanglos.  
 
Bleibt noch die Frage nach dem „Winterbetrieb“ des Radschnellweges. Ist hier, wie üblich, eine Schneebeseitigung /Glättevermeidung mittels Taumittel vorgesehen? (Pflicht des 
Radschnellweg-Unterhaltungsträgers!). Wenn ja, dann sind die hiermit verbundenen Schadstoff-Auswirkungen auf die umgebene Natur als noch erheblicher einzustufen. 

Aus naturschutzfachlicher/ landschaftsschützerischer Sicht wird der Radschnellweg (RS4) Abschnitt III im Wurmtal, Herzogenrath, in der vorliegenden Linienführung abgelehnt. 
 
Wir weisen darauf hin, dass ein Radwegebau in den innerörtlichen Bereich hineingehört.       
Letzte, wichtige Naturbereiche des Wurmtales hierfür zu opfern ist unverantwortlich! 
 
Mit freundlichen Grüßen 

Günter Kalinka